17 Uhr 25. „Auswärtssieg! Auswärtssieg!“ und „Oh wie ist das schön!“ hallen durch das Westfalenstadion. Wildfremde Menschen liegen sich freudetrunken in den Armen. Kaum einer der 10.000 Hamburger mag glauben, was gerade geschehen ist. Dieser 09. Februar 2013 wird allen, die dabei waren, auch mir sehr lange im Gedächtnis bleiben.
Es war der Tag an dem der Hamburger Sport-Verein den amtierenden Deutschen Meister und Pokalsieger Borussia Dortmund mit 1-4 in die Schranken wies. Die höchste Heimniederlage der Borussen seit 2009. Ein taktisch und kämpferisch beeindruckender Sieg. Mein erster Auswärtssieg überhaupt und dann auch noch in Dortmund, die jedes Heimspiel das ich besuchte (nicht nur gegen den HSV) gewannen, wodurch ich mich schon als eine Art Glücksschweinchen für den BVB fühlte. Ein unfassbarer Sieg einem Spiel, bei dem eigentlich nur die Höhe des Heimsiegs diskutiert wurde. Unfassbar. Unfassbar.
Wie kam es dazu? Der HSV machte von Anfang an klar, dass er in diesem Spiel gewinnen wollte. Spielte mutig nach vorne, wurde zunächst aber nicht belohnt. Durch einen dämlichen Abstimmungsfehler zwischen Heiko Westermann und René Adler („Nimm du ihn, ich hab ihn sicher“) konnte der BVB durch Robert Lewandowski in der 17. Minute in Führung gehen. Ein klassisches HSV-Gegentor. Einfach nur dämlich.
Doch anstatt aufzustecken und auf die Verliererstraße abzubiegen, antwortet der HSV durch Artjoms Rudnevs quasi im direkten Gegenzug das 1-1. Nach dem Ausgleich machte der HSV weiter Druck und kam folgerichtig zum verdienten 2-1 durch einen weltklasse Schuss von Heung-Min Son. Der Gästeblock kochte und wenig später das gesamte Stadion, als Robert Lewandowski wegen groben Foulspiels zu Recht die rote Karte sah. In eben dieser Situation sah Rafael van der Vaart ebenfalls zu Recht, die gelbe Karte. Er hatte Lewandowski nach dessen Foul rüde angegangen und ihm mehr als deutlich die Meinung gesagt.
Dies alles konnte ich erst beim Betrachten der Fernsehbilder sehen. Im Stadion dachte ich zunächst, dass der Platzverweis wegen einer Tätlichkeit gegen van der Vaart ausgesprochen wurde. Es war aber Kehl der Rafael währende der Rudelbildung zu Boden stieß und dafür nicht belangt wurde. Van der Vaart wurde fortan bei jedem Ballkontakt mit einem gellenden Pfeifkonzert belegt.
Nach dem Platzverweis waren die Dortmunder Spieler auf 180 und sehr sehr bissig in den Zweikämpfen. Und wollten den Ausgleich erzwingen. Das Spiel und die Stimmung drohten gänzlich zu kippen, als ein von der Südtribüne geworfener Gegenstand Rafael van der Vaart am Körper traf. Das er sich daraufhin die Hände vors Gesicht hielt erzürnte die Heimfans noch mehr. Was wäre nur gewesen, wenn er sich theatralisch hingeworfen und den sterbenden Schwan markiert hätte? Gut, dass er es nicht tat und danach einfach weiter spielte.
Kurz vor der Pause fiel dann der vermeintliche Ausgleich. Doch Marco Reus stand zunächst im passiven Abseits, griff dann ins Spiel ein und folgerichtig wurde das Tor nicht gegeben. So gingen wir also mit einer verdienten 2-1 Führung in die Halbzeit. Nach dem Seitenwechsel versucht Dortmund dann weiterhin den Ausgleich zu erzielen. Doch der HSV verteidigte geschickt und konsequent, so dass keine wirkliche Gefahr für das Tor von René Adler bestand.
Das änderte sich auch nicht, nachdem Jeffrey Bruma nach einer Notbremse ebenfalls die rote Karte sah. Denn anstatt diesen wohl auch berechtigten Platzverweis als Auftakt zu einer Schlussoffensive zu nehmen, kassierte der BVB postwendend nach einer wunderbaren Flanke von Rafael van der Vaart das 1-3 durch Rudnevs. Wieder ein Doppelpack von Rudi. Wieder ein Kopfball-Tor. Der Gästeblock skandierte „RUD-NEE-EEE-EVS“. Und ich begann so langsam an einen Punktgewinn in Dortmund zu glauben.
Doch Dortmund blieb zunächst gefährlich, doch alle Schüsse gingen drüber oder wurden locker von René Adler gehalten. Irgendwann war dann aber auch beim Meister die Luft raus und Heung-Min setzte nach toller Vorarbeit von Marcell Jansen den 1-4 Schlusspunkt in einem tollen Fußballspiel. Der Auswärtssieg war perfekt. Dortmund im eigenen Stadion geschlagen. Vielleicht ein Tor zu hoch, aber hoch verdient.
„Auswärtssieg! Auswärtssieg!“ und „Oh wie ist das schön!“ hallen durch das Stadion. Doch nur die Fans auf der Südtribüne hören es noch. Die anderen Tribünen sind fast leer. Nur die Süd zollt der eigenen Mannschaft Respekt für 90 kämpferische Minuten, in denen der Gast einfach die bessere Mannschaft war.
Die Party im Gästeblock ist der weilen im vollen Gange. Ich habe zu diesem Zeitpunkt kaum noch Stimme, schaue ungläubig und bin einfach nur glücklich. Wie gesagt, es war mein erster Auswärtssieg überhaupt. In einem tollen Spiel konnten wir uns gegen eine der Topmannschaften Deutschlands und Europas durchsetzen. Und auch gesanglich konnte der Gästeblock mit der gigantischen Südtribüne mithalten und des öfteren sogar lauter sein. Einfach nur geil.
Danke für diese tolle Fahrt. Mein Auswärtsbann ist gebrochen und das nach über 15 Jahren. Ich werde die nächsten Tage wohl weiterhin mit einem leichten Grinsen durch die Welt gehen und immer wieder gerne an diese denkwürdigen 90 Minuten von Dortmund zurückdenken. Dieses Spiel wird mir auf ewig im Gedächtnis bleiben.
Nur der HSV!
The R
Ein schöner Spielbericht – menno, ich wäre gern dabeigewesen. 🙂