Es ist ein lauer Sommertag in Hamburg. Ich treffe Tanja in der Speicherstadt. An jedem Zaun hängen diese unsäglichen Liebeschlösser. Ein Fotograf macht Fotos von einem Pärchen. Wir beschließen uns eine ruhige Ecke zu suchen, um über die wahre große Liebe, den Fußball, zu sprechen.
Wie bist du zum Fußball gekommen?
Mit der S-Bahn! Irgendwann hat man angefangen mit den Eltern zusammen Fußball zu gucken, fand es interessant und dann der Stiefvater tatsächlich Karten für das DFB-Pokalfinale 1987 in Berlin bekommen, wo rein zufälligerweise so ein schöner Verein, namens HSV teilgenommen hat. Und das war der bisher letzte Titel für den HSV und seitdem bin ich dabei.
Und du warst dabei?
Ja, ich war dabei. Ich bin ein totaler Erfolgsfan.
War das auch das erste Mal das du im Stadion warst?
Ja, das war mein allererstes Mal.
Oha! Und seit dem dann regelmäßig?
Dann hat es noch ein bisschen gedauert. Ich war damals 10 Jahre alt und da wollten meine Eltern mich nicht alleine in die Westkurve lassen. Aus irgendeinem Grunde. Warum bloß? Das dauerte dann noch ein paar Jahre. Aber ab Anfang 90er hatte ich dann meine Dauerkarte für die Westkurve im Block D. Und bis auf die Zeit, wo ich nicht in Hamburg gelebt habe, hatte ich dann auch immer eine Dauerkarte.
Wo stehst bzw. sitzt du aktuell?
Ich stehe seit einem Spiel in Block 26A. Davor stand ich in 22C, aber da die Zukunft von 22C sehr offen war bin ich doch lieber runter gewechselt, wo auch mehr Stimmung ist. Also auf nach 26A.
Neben den ganzen sportlichen Aspekten, was bedeutet Fußball für dich?
Schwierige Frage. Also ist schon ein Ventil alle 14 Tage ins Stadion zu gehen und da einfach mal sämtliche Wut rauszulassen und auch Jubel rauszulassen und Emotionen zu erfahren und zu erleben. Das ist eine sehr schöne Sache und man findet halt auch diese Gemeinschaft, die einfach sehr schön bzw. sehr schön sein kann.
Wenn du so regelmäßig ins Stadion gehst hast du doch bestimmt Rituale oder Glücksbringer?
Das habe ich mir weitestgehend abgewöhnt, Rituale oder ähnliches. Ich ziehe auch nicht immer das gleiche Trikot an, beim HSV war einfach in den letzten Jahres sehr schnell sämtliches an Glücksbringer aufgebraucht. Ich hab da einfach nix mehr.
Stichwort HSV. Wie stehst du zu deinem Verein gerade?
Es ist gerade etwas schwierig. Es waren schon mal glücklichere Zeiten mit dem Verein. Mit der AG habe ich so meine Probleme. Für mich scheint der Marketingaspekt immer mehr in den Vordergrund zu rücken und das nur noch zu Marketingzwecken nebenbei Fußball gespielt wird. Und das nervt mich mittlerweile schon ganz gewaltig. Das war während der Sommerpause schon sehr stark. Ein T-Shirt nach dem anderen, eins eher glücklicher, die meisten eher unglücklich, wurden auf den Markt gepustet. Und das gehört für mich halt nicht zum Fußball. Ich will nur das Spiel sehen. Die Atmosphäre drumherum nehme ich gerne mit, aber dieses ganze Marktgeschreie und Marketinggetue mag ich nicht.
Etwas weiter gefasst wird dies ja als der „Moderne Fußball“ wahrgenommen oder beschrieben. Du bist also eher kein Freund davon?
Ne. Ich stehe der ganzen Entwicklung, wie sie zum Beispiel vor allem in der Premiere League stattgefunden hat, eher kritisch gegenüber. Vereine, die nur noch durch Mäzene am Leben gehalten werden, wozu der HSV ja auch durchaus gehört, finde ich sehr schwierig, weil es dann eine Einzelperson ist, der man alles zu verdanken hat. Es nicht mehr die Masse, nicht mehr dieses Zusammenhaltsgefühl, sondern der eine, der oben ist, der Sonnenkönig und man selber ist eigentlich nur noch Klatschvieh. Das mag ich nicht.
Warum dann doch der HSV?
Ich krieg es nicht raus meinem Herzen. Das ist ganz ganz übel. Man distanziert sich ja schon ein bisschen und haut dann, vielleicht auch etwas ungerechtfertigt, schnell auf Vereinsoberen bzw. die AG-Oberen ein, aber man kriegt es nicht raus. Es geht nicht.
Vielen Dank für das Interview.
Tanja betreibt den Blog raute22c und ist auf Twitter als @fschmidt77 unterwegs.
Mit Fußball-Menschen möchte ich euch Menschen vorstellen, die den Fußball lieben und euch ihre Geschichten erzählen.
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